Ergebnisse der Nutzendenbefragung zur Kartensammlung
News vom 29.03.2022
Im Sommer 2021 veranlasste die Leitung der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin einen Bericht zur aktuellen Situation der Kartensammlung an der Geowissenschaftlichen Bibliothek in Lankwitz. Diese Studie wird genutzt, um verlässliche Entscheidungen zur zukünftigen Entwicklung der Sammlung zu fällen. Der Bericht „Analyse zur geowissenschaftlichen Kartensammlung an der FU Berlin und Handlungsoptionen“ ist im Refubium öffentlich zugänglich: http://dx.doi.org/10.17169/refubium-34217
Für den Bericht wurde Ende 2021 der Bedarf an analogen Karten in der Forschung, der Lehre und im Studium am Fachbereich Geowissenschaften erhoben. Im Fokus stand die Frage, welche Rolle analoges Kartenmaterial im Forschungs-, Lehr- und Studienalltag spielt. Hierzu wurden eine Online-Umfrage am Fachbereich realisiert und sechs ausführliche Interviews mit wissenschaftlichem Personal geführt. Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse, dass analoge Karten in Forschung, Lehre und Studium in verschiedenen Fachrichtungen der Geowissenschaften nach wie vor genutzt werden, dabei jedoch unterschiedlich wichtig sind (siehe Abb. 2-3 und 6-9 des Berichts).
Insgesamt nahmen 137 Personen die Online-Umfrage teil, wobei die Geographischen Wissenschaften als Fachrichtung und Studierende als Statusgruppe am stärksten vertreten waren (vgl. Abb. 1). Diese große Resonanz zeigt das Interesse an analogem Kartenmaterial am Fachbereich.
Abbildung A1: Teilnehmende der Online-Umfrage nach einzelnen Statusgruppen und Fachzugehörigkeit. Quelle: http://dx.doi.org/10.17169/refubium-34217
Analoge Karten: „wichtig für ein wirkliches Verständnis der raumbezogenen Zusammenhänge“
Für den Großteil der Befragten und Interviewten spielen analoge Karten eine wichtige Rolle für ihre Arbeit oder ihr Studium. Trotz fachspezifischer Unterschiede wird sehr häufig angemerkt, dass analoge Karten auch zukünftig von Interesse sind. So zeigt die Auswertung, dass in Fachrichtungen wie der Physischen Geographie analoge Karten einen hohen Mehrwert für Forschung, Lehre und Studium bieten. Laut einer Geographin schaffen erst analoge Karten ein „wirkliches Verständnis der raumbezogenen Zusammenhänge“ und werden beispielsweise auch vor und während Expeditionen und Exkursionen genutzt. Karten werden zwar für Geländeaufenthalte häufig digital aufbereitet und georeferenziert. Digitale Karten, so wird häufig angemerkt, ersetzen jedoch analoge Karten nicht. Der Bedarf an analogen Karten in der Meteorologie fällt im Vergleich zur Geographie eher gering aus. Wenn analoge Karten hier genutzt werden, dann z. B. für Vergleichsarbeiten mit Luft- und Satellitenaufnahmen.
Für Studierende insbesondere der Geologischen und Geographischen Wissenschaften ist die Arbeit mit analogem Kartenmaterial ein integraler Bestandteil des Studiums. In der Geographie ist sie ein wichtiger Teil der Einführung ins wissenschaftliche Arbeiten und damit auch relevant für zukünftige Tätigkeiten. Auch für Fächer außerhalb der FB Geowissenschaften, wie etwa den Altertumswissenschaften, – so zeigt ein Interview mit einem Archäologen – sind analoge Karten ebenso ein wichtiges Medium, zum Beispiel für die Bestimmung von Toponymen.
Kartensammlung in Lankwitz: „überraschende Entdeckung“ – „Juwel“ – „Aushängeschild“
Der fachliche, ideelle und historische Wert der Kartensammlung der Geowissenschaftlichen Bibliothek wird an vielen Stellen der Befragung deutlich. Herausgestellt werden insbesondere die breite räumliche Abdeckung, die historischen Karten und der teilweise unikale und daher sehr wertvolle Bestand. Die Vielfalt des Bestands wird als besonderer Mehrwert für die Wissenschaftsregion Berlin-Brandenburg wahrgenommen und geschätzt. Darüber hinaus werden die räumliche Nähe zum Fachbereich und die unkomplizierten Nutzungsmöglichkeiten als Vorteile betrachtet. Zwar gibt es mit der Kartenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin und dem Deutschen GeoForschungsZentrum in Potsdam weitere Möglichkeiten für Forschende, Lehre und Studierende, analoges Kartenmaterial zu beziehen, jedoch werden diese Optionen aufgrund längerer Wege, Nutzungsgebühren und Wartezeiten als zu umständlich und teuer wahrgenommen. Nur etwa 15% des wissenschaftlichen Personals und gerade einmal 7 % der Studierenden greifen beispielsweise auf das Angebot der Staatsbibliothek zurück (siehe Abb. 2 und Abb. 3).
Abbildung A2: Herkunft der Karten bei Forschenden und Lehrenden. Fächerdurchschnitt. Mehrfachantworten möglich. „AG“: Arbeitsgruppe. Quelle: http://dx.doi.org/10.17169/refubium-34217
Abbildung A3: Herkunft der Karten bei Studierenden. Fächerdurchschnitt. Mehrfachantworten waren möglich. „ich weiß es nicht“: Studierende wissen nicht immer, woher analoge Karten kommen, die in Lehrveranstaltungen bereitgestellt und von ihnen genutzt werden. „AG“: Arbeitsgruppe. Quelle: http://dx.doi.org/10.17169/refubium-34217
Herausforderung Marketing: „viele Studierende wissen gar nicht was unsere Kartensammlung ist“
Das von den Befragten beschriebene Potential der Kartensammlung kann ihrer Meinung nach aufgrund mangelnder Sichtbarkeit nicht voll ausgeschöpft werden. So kennen zum Beispiel 17 der 80 befragten Studierenden die Kartensammlung bisher gar nicht, 30 nutzten sie noch nie. Die Kartensammlung wird als „viel zu unbekannt“ eingeschätzt – auch vom wissenschaftlichen Personal. Über alle Statusgruppen hinweg wird deutlich, dass der Mehrwert, den die Kartensammlung bietet, „wirkungsvoll kommuniziert“ werden sollte. Hierfür sehen die Teilnehmenden – insbesondere die Lehrenden – sowohl sich selbst (z.B. analoge Karten als Studieninhalt stärken, Seminarbesuche der Kartensammlung) als auch die Geowissenschaftliche Bibliothek in der Verantwortung (z.B. durch Website, Informationsveranstaltungen und Gespräche mit Neuberufenen). Zudem besteht der Wunsch, das Angebot der Bibliothek auch nach außen zu tragen, etwa über das Forschungsnetzwerk Geo.X.
Nächste Schritte: „Betreuung der Kartensammlung ist essentiell“
Neben besserer Sichtbarkeit wünschen die Befragten eine verbesserte Betreuungssituation seitens der Geowissenschaftlichen Bibliothek. Insbesondere langjährige Mitarbeitende am Fachbereich wünschen sich, dass der Kartenservice „wieder auf das früher vorhandene Niveau“ gehoben wird. Dazu zählen eine verbesserte Kuratierung der Kartensammlung und eine fachlich versierte Betreuung der Nutzdenden. Auch Studierende sagen: „es fehlt fachkundiges Personal“. Häufig angeregt werden darüber hinaus technische Verbesserungen wie eine umfassende digitale Erschließung der Kartenbestände und aussagekräftige Metadaten in einem elektronischen Recherchesystem, im besten Falle versehen mit Vorschaubildern oder digitalisierten Indexblättern.
Welche konkreten Maßnahmen nun ergriffen werden können, um diese Anregungen in der Praxis umzusetzen und wie das Angebot der Kartensammlung der Geowissenschaftlichen Bibliothek perspektivisch weiterentwickelt wird, wird derzeit gemeinsam von der Geowissenschaftlichen Bibliothek und der Universitätsbibliothek (Zentralbibliothek) erarbeitet.
Lea Schneider, Bibliotheksreferendarin, Universitätsbibliothek
Julian Katz, Bibliotheksreferendar, Universitätsbibliothek