Geomorphologie und frühe menschliche Lebenswelt II
Welche Spuren menschlichen Handelns auf die Umwelt bleiben erhalten und was können sie über unsere Lebenswelt aussagen? Dazu wurden Untersuchungen an Ablagerungen in der Region um Göbekli Tepe, einer der ältesten bekannten menschlichen Besiedlungen der frühen Erdgeschichte, durchgeführt. Bis ins frühe Präkeramische Neolithikum A (ca. 10.000 v. Chr.) können hier Nutzungsspuren nachverfolgt werden. Die Gegend im Südosten der Türkei ist durch Bergketten gekennzeichnet, deren steiles Hochland und weite Vorgebirgszonen sowie nahe Auen diverse Sedimentationsräume offenlegen. Ziel der Analyse ist es, die geomorphologische Aktivität im Zusammenspiel von klimatischen und anthropogenen Einflüssen besser zu verstehen.
Die Daten
Der Datensatz aus der Umgebung von Göbekli Tepe umfasst insgesamt 42 14C-Alter, die aus 14 Sedimentprofilen gewonnen wurden. Der Datensatz enthält auch eine Beschreibung zur Berechnung der in der Studie genutzten kumulativen Wahrscheinlichkeitsfunktionen (cumulative probability functions).
Veröffentlichung des Datensatzes: Nykamp, M et al (2021) https://doi.org/10.1002/esp.5035 (siehe: Supporting Information)
Forschungsergebnisse
Durch die Anwendung der kumulativen 14C-Wahrscheinlichkeitsfunktionen und unter Berücksichtigung des Sedimentkaskaden-Modells konnte gezeigt werden, dass innerhalb zweier Zeiträume besonders starke geomorphologische Veränderungen stattgefunden haben.
Es koinzidieren geomorphologische Aktivitätsmaxima vom 7,4 – 7,0 und 5,8 – 3,3 Jahrtausend v. Chr. mit Bevölkerungszunahmen und der einsetzenden Agrarbewirtschaftung. Die ermittelten Zeiträume stimmen auch mit dem allgemeinen Trend einer wechselnden geomorphodynamischen Aktivität im östlichen Mittelmeerraum überein, die durch menschliche Einflüsse und klimatische Veränderungen bedingt ist. Allerdings haben weder der Übergang von der Jüngeren Dryas zum Holozän noch die Entwicklung der Viehzucht während des Neolithikums eine klare Signatur hinterlassen. Zukünftige, umfangreichere Datierungen mit einer besseren raumzeitlichen Auflösung sollen den getrennten Einfluss klimatischer oder anthropogener Faktoren erfassen. In dieser Studie sind beide Faktoren noch dynamisch miteinander verflochten und ermöglichen im Einzelfall keine genaue Zuordnung.
Veröffentlichung des Fachzeitschriftenartikels: Nykamp, M et al (2021) https://doi.org/10.1002/esp.5035
Texte verändert nach: Nykamp, M et al (2021) https://doi.org/10.1002/esp.5035