Bilddaten der High Resolution Stereo Camera HRSC an Bord der ESA-Raumsonde Mars Express zeigen glaziale Strukturen an der Dichotomiegrenze des Mars. Die HRSC-Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und wird von dort betrieben.
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Deuteronilus Mensae liegt am Übergangsbereich der zerklüfteten und stark bekraterten südlichen Hochländer zu den ebenen nördlichen Tiefländern des Mars, welcher als Hemisphärendichotomie bezeichnet wird. Die Landschaft hier an der Dichotomiegrenze wurde durch die erodierende Wirkung von fließenden Gewässern, und insbesondere durch Prozesse die im Zusammenhang mit Eis stehen, stark verändert. Sie ist durch zahlreiche freistehende Tafelberge charakterisiert, die bei der von Norden nach Süden vordringenden Erosion übriggeblieben sind und heute als „Zeugenberge“ frei in der Landschaft stehen. Die Abtragung des alten Hochlandgebietes hinterließ verschieden große Zeugenberge. Ihre plateauartigen Oberflächen repräsentieren die Überreste einer einstmals viel weiter nach Norden ausgedehnten Landoberfläche und bezeugen somit die Höhe des ehemaligen Geländeniveaus.
Die Geländeformen machen deutlich, dass es mehrere Vergletscherungsphasen gegeben haben muss. Das tiefer liegende Gelände im Norden und die Regionen zwischen den Tafelbergen sind gleichmäßig von Ablagerungen bedeckt, deren Oberflächentextur teilweise auf eine viskos kriechende, langsame Abwärtsbewegung von einem Gemisch aus Schutt und Eis hindeuten. Die rund um die Plateaus angeordneten Fließstrukturen ähneln Blockgletschern oder vollständig mit Schutt bedeckten Gletschern, wie sie in kaltklimatischen Regionen auf der Erde, beispielsweise in der Antarktis, vorkommen. Das Muster, das Geröll und Gesteinsschutt auf dem sich talwärts schiebenden Gletscher bilden, spiegelt unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten des darunter befindlichen viskosen Eises wider.
Messungen des SHARAD (Shallow Radar) Instruments an Bord des Mars Reconnaissance Orbiters der NASA weisen darauf hin, dass die meisten gletscherartigen Strukturen in Deuteronilus Mensae auch heute noch einen hohen Anteil an reinem Wassereis enthalten (80 bis 90 Prozent). Sie könnten somit die Überreste eines überregionalen Eisschildes sein, der einst die Plateaus und angrenzenden Ebenen der Region bedeckte. Sublimation von Eis im Zuge eines Klimawandels könnte dann zu einem Abbau des großflächigen Eisschildes geführt haben, wodurch die Hänge der Plateaus freigelegt und weiter erodiert wurden. Die im nördlichen Teil des Bildes zu erkennende gerippte Textur der tieferliegenden Flächen kann durch hangabwärts gerichtete Kriechbewegungen des Eis-Schutt-Gemischs und dadurch entstehende Bruch- und Stauchungsmuster erklärt werden.
» Informationen zur Herkunft und Verarbeitung der Bilder
Die Aufnahmen mit der HRSC (High Resolution Stereo Camera) entstanden am 25. Februar 2018 während Orbit 17913 von Mars Express. Die Bildauflösung beträgt etwa 13 Meter pro Bildpunkt (Pixel). Die Bildmitte liegt bei etwa 25.5° östlicher Länge und 44° südlicher Breite. Die Farbaufsicht wurde aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt, die perspektivische Schrägansicht wurde aus den Geländemodell-Daten, den Nadir- und Farbkanälen der HRSC berechnet. Das Anaglyphenbild, das bei Betrachtung mit einer Rot-Blau- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und den Stereokanälen abgeleitet. Die in Regenbogenfarben kodierte Aufsicht beruht auf einem digitalen Geländemodell (DTM) der Region, von dem sich die Topographie der Landschaft ableiten lässt. Der Referenzkörper für das HRSC-DTM ist eine Äquipotentialfläche des Mars (Areoid).
Die systematische Prozessierung der Kameradaten erfolgte am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof. Mitarbeiter der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung der Freien Universität Berlin erstellten daraus die hier gezeigten Bildprodukte.
Images: ESA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO
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Die High Resolution Stereo Camera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Das Wissenschaftsteam unter Leitung des Principal Investigators (PI) Prof. Dr. Ralf Jaumann besteht aus 52 Co-Investigatoren, die aus 34 Institutionen und 11 Nationen stammen. Die Kamera wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben.