Vor langer Zeit formte fließendes Wasser die Landschaft, welche auf diesen Bildern der High Resolution Stereo Camera (HRSC) zu sehen ist. HRSC ist ein Kameraexperiment, das am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt wurde und von dort betrieben wird. Es befindet sich an Bord der ESA-Mission Mars Express, die den Mars seit 2003 umkreist.
» Im Hauptartikel und unterhalb der Bildgalerie erfahren Sie mehr zu Nirgal Vallis ...
» Erfahren Sie hier mehr über Flussbildung auf dem Mars
Nirgal Vallis ist das Überbleibsel eines Flusses, der einst über die Marsoberfläche strömte. Die Form des Haupttals und seiner auffallend kurzen Nebentäler ist, verglichen mit der Morphologie der meisten Flusstäler auf der Erde, außergewöhnlich: Der Talquerschnitt ist markant u-förmig, mit sehr steilen, mehrere hundert Meter hohen Abhängen an den Seiten und einem flachen, breiten Talgrund. Die kurzen Nebentäler haben die für diese Art von Tälern typischen halbrunden oder kesselförmigen Talanfänge, die den kreisrund angelegten Amphitheatern der Römer ähneln und deshalb auch so bezeichnet werden. Beispiele solcher „amphitheather-förmigen“ Flusstäler finden sich auf der Erde in der Atacama-Wüste in Chile, auf dem Colorado-Plateau in den USA und auf den Hawaiianischen Inseln. Bekannte Beispiele auf dem Mars sind neben Nirgal Valles auch Nanedi Valles und das Quellgebiet von Echus Chasma.
Das fast 700 Kilometer lange Nirgal Vallis durchschneidet mit seinen Nebentälern alte vulkanische Ebenen, erkaltete Lavaströme und äolische Ablagerungen. Seine Ost-West-Orientierung folgt einem regionalen Trend tektonischer Strukturen, der auch im nahen Canyonsystem Valles Marineris beobachtet werden kann. Der flache Talboden von Nirgal Vallis ist weitgehend mit transversalen Rippeln (zu erkennen an kleinen, parallelen Linien) bedeckt, die eine vorherrschende Windrichtung entlang des Talverlaufs anzeigen.
Die hier präsentierten Aufnahmen umfassen den ungefähr 200 Meter tiefen und bis zu 2 Kilometer breiten Oberlauf von Nirgal Vallis. Das Tal mündet 400 Kilometer weiter östlich in das wesentlich größere Uzboi Valles, das vermutlich zeitweise einen See beherbergte. Wissenschaftler haben berechnet, dass der Fluss, der einst durch Nirgal Vallis floss, bis zu 4800 Kubikmeter Wasser pro Sekunde in das Uzboi Vallis entwässerte: Das ist mehr als doppelt so viel Wasser, als durch den Rhein bis in die Nordsee strömt.
Nirgal Vallis ähnelt Tälern auf der Erde, die durch rückschreitende Erosion infolge von aussickerndem Grundwasser gebildet wurden. Das Fehlen baumartig verzweigter Seitentäler, die das Haupttal speisen, deutet ebenfalls darauf hin. Eine solch lineare Talstruktur ist eher ein Anzeichen dafür, dass die Erosion des Tals nicht durch Niederschlag und Oberflächenabfluss verursacht worden ist.
Mithilfe analoger Laborexperimente konnten Forscher nachweisen, dass eine Bildung von Tälern wie Nirgal Vallis durch aussickerndes Grundwasser auf dem Mars möglich ist. Ein stetiger Sickerwasseraustritt kurz unter der Oberfläche führt zu einer Unterspülung der ohnehin steilen Talanfänge und schließlich zum Einstürzen der Wände.
» Informationen zur Herkunft und Verarbeitung der Bilder
Die Aufnahmen mit der HRSC (High Resolution Stereo Camera) entstanden am 16. November 2018 während Orbit 18818 von Mars Express. Die Bildauflösung beträgt etwa 14 Meter pro Bildpunkt (Pixel). Die Bildmitte liegt bei etwa 315° östlicher Länge und 27° südlicher Breite. Die Farbaufsicht wurde aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt, die perspektivische Schrägansicht wurde aus den Geländemodell-Daten, den Nadir- und Farbkanälen der HRSC berechnet. Das Anaglyphenbild, das bei Betrachtung mit einer Rot-Blau- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und den Stereokanälen abgeleitet. Die in Regenbogenfarben kodierte Aufsicht beruht auf einem digitalen Geländemodell (DTM) der Region, von dem sich die Topographie der Landschaft ableiten lässt. Der Referenzkörper für das HRSC-DTM ist eine Äquipotentialfläche des Mars (Areoid).
Die systematische Prozessierung der Kameradaten erfolgte am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof. Mitarbeiter der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung der Freien Universität Berlin erstellten daraus die hier gezeigten Bildprodukte.
Um bereits veröffentlichte Rohbilder und DTMs der Region im GIS-kompatiblen Format herunterzuladen, benutzen Sie bitte diesen Link zu unserem Mapserver.
Images: ESA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO
Copyright Notice:
Where expressly stated, images are licenced under the Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 IGO (CC BY-SA 3.0 IGO) licence. The user is allowed to reproduce, distribute, adapt, translate and publicly perform it, without explicit permission, provided that the content is accompanied by an acknowledgement that the source is credited as 'ESA/DLR/FU Berlin', a direct link to the licence text is provided and that it is clearly indicated if changes were made to the original content. Adaptation / translation / derivatives must be distributed under the same licence terms as this publication.
Die High Resolution Stereo Camera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Das Wissenschaftsteam unter Leitung des Principal Investigators (PI) Prof. Dr. Ralf Jaumann besteht aus 52 Co-Investigatoren, die aus 34 Institutionen und 11 Nationen stammen. Die Kamera wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben.