In dieser Woche findet zum siebten Mal die International Conference on Mars Polar Science and Exploration in Ushuaia, Argentinien statt. Aktive Prozesse an den Polen des Mars sind für die Wissenschaftsgemeinde von großem Interesse. Die Beobachtung rezenter atmosphärischer Phänomene und geologischer Vorgänge auf dem Mars ist eines der wesentlichen Ziele der High Resolution Stereo Camera (HRSC) an Bord der Mars Express Mission der ESA. Eine seltene Beobachtung mit der HRSC aus dem Jahr 2006 zeigt jahreszeitliche Staubwolken an den Taleinschnitten der Mars-Nordpoleiskappe.
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Innerhalb eines Jahres verändert die Mars-Nordpoleiskappe ständig ihr Aussehen: Im Sommerhalbjahr beobachtet man eine permanente Kappe die im Wesentlichen aus Wassereis besteht, wie auf diesen Bildern gezeigt. Während des Winterhalbjahres fallen die Temperaturen unter -125 Grad Celsius, kalt genug um eine 1-2 Meter dicke Schicht aus Kohlendioxideis als saisonale Eiskappe zu bilden. Zu dieser Jahreszeit ist die Polkappe oft von dicken Kohlendioxidwolken eingehüllt, und daher aus dem Orbit mit Kameras schwer zu beobachten.
Die dunklen Furchen zwischen den weißglänzenden Wassereisablagerungen sind Teil eines beeindruckenden Systems von Vertiefungen, die sich vom Polzentrum entgegen des Uhrzeigersinns spiralförmig nach außen winden. Sie durchschneiden die geschichteten Ablagerungen der Polkappe, die aus Eis vermischt mit Staub bestehen, und dokumentieren so die Entwicklung des Marsklimas über die letzten Millionen Jahre.
Die Auswertung von Radardaten legt nahe, dass Winderosion die treibende Kraft für die Bildung der spiralförmigen Vertiefungen ist. Nach einer Theorie stellen die Taleinschnitte zyklische Stufen dar, die sich durch den Einfluss katabatischer Winde im Eis bilden. Als katabatische Winde werden hangabwärts gerichtete Strömungen kalter, dichter Luftmassen bezeichnet. Sie werden durch Dichteunterschiede verursacht und bilden sich z.B. wenn kalte und trockene Luft von höherliegenden Eis- oder Schneeflächen zu tieferliegenden Gebieten mit warmer Luft von geringerer Dichte strömt. Im Fall der Mars-Polkappe ist die Luftbewegung radial vom Polzentrum nach außen gerichtet und wird zusätzlich durch Corioliskräfte kontrolliert, die einen spiralförmigen Pfad der Strömung verursachen.
Bei den Wolkenformationen in diesem HRSC-Bild handelt es sich um senkrecht zu den Furchen orientierte kleine, lokale Staubstürme wie sie auch oft in THEMIS und HiRISE-Daten beobachtet wurden, insbesondere an den äquatorwärts ausgerichteten Hängen der Taleinschnitte. Diese Art der Staubmobilisierung verstärkt die Erosion und das Rückschreiten der Steilhänge. Sowohl Sublimation als auch Erosion durch katabatische Winde scheinen aktive äolische Prozesse zu sein, die für die langfristige Veränderung der Taleinschnitte eine wichtige Rolle spielen.
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Die Aufnahmen mit der HRSC (High Resolution Stereo Camera) entstanden am 16. November 2006 während Orbit 3670 von Mars Express. Die Bildauflösung beträgt etwa 15 Meter pro Bildpunkt (Pixel). Die Bildmitte liegt bei etwa 244° östlicher Länge und 85° nördlicher Breite. Die Farbaufsicht wurde aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt. Das Anaglyphenbild, das bei Betrachtung mit einer Rot-Blau- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und den Stereokanälen abgeleitet.
Die HRSC-Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und wird von dort betrieben. Die systematische Prozessierung der Kameradaten erfolgte am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof. Mitarbeiter der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung der Freien Universität Berlin erstellten daraus die hier gezeigten Bildprodukte.
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Images: ESA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO
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Die High Resolution Stereo Camera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Das Wissenschaftsteam unter Leitung des Principal Investigators (PI) Prof. Dr. Ralf Jaumann besteht aus 52 Co-Investigatoren, die aus 34 Institutionen und 11 Nationen stammen. Die Kamera wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben.