Vom Winde gefräst - Die Medusae Fossae Formation
Die Gräben der Medusa am „Rücken“ der Rachegöttinnen
Die Bergekette der Eumenides Dorsum ist nach den Rachegöttinnen der griechischen Mythologie benannt, den Furien. Sie ist Teil der sogenannten Medusae-Fossae-Formation (MFF). Diese erstreckt sich über 5.000 Kilometer zwischen den vulkanischen Zentren um Tharsis und Elysium entlang der Hochland-Tiefland-Grenze (Dichotomiegrenze) und hat eine Fläche, deren Größe vergleichbar mit Indien ist. Das Wort Fossae, Lateinisch für Gräben, zeigt an, dass hier auch tektonische Prozesse bei der Gestaltung der Landschaft eine Rolle spielten. Die starre Kruste wurde durch aufsteigende Magmablasen gedehnt. Dabei brach sie auf und es entstanden zahlreiche tektonische Gräben.
Die MFF scheint aus leicht erodierbarem Material zu bestehen. Dabei handelt sich wahrscheinlich um sogenannte pyroklastische Ablagerungen, die von den Vulkanen der Tharsis-Region oder von Olympus Mons vor etwa 3,8 bis 3 Milliarden Jahren (in der Hesperischen Periode) stammen. Diese Ablagerungen entstehen, wenn von Vulkanen ausgestoßene, glühend heiße Gesteinsfetzen in einem Gemisch aus heißen Gasen und Asche zu mehr oder weniger stark verfestigtem Gestein wie Tuff- oder Bimsstein zusammengeschweißt werden. Die Konsistenz dieser vulkanischen Ablagerungen ist aber nicht sehr fest, sodass sie mit dieser Beschaffenheit relativ leicht von der Erosion angegriffen werden können.
Jardangs und Blowouts – Zeugnisse langanhaltender Winderosion
Im Allgemeinen erscheint die Oberflächenbeschaffenheit der Formation in diesem etwa 180 mal 80 Kilometer großen Gebiet glatt und sanft gewellt, wie im oberen linken Teil der Aufsicht zu sehen ist. In anderen Regionen hat der Wind teils kilometerlange, parallel verlaufende, schmale Rücken und Furchen geformt. Die schmalen Rücken werden Jardangs genannt und wurden von den Sandkörnern, die der Wind mit sich führt, wie mit einem Sandstrahlgebläse aus dem Gestein „gefräst“. Wehen die Winde über einen längeren Zeitraum in die gleiche Richtung, können sich außerdem die langgestreckten Furchen bilden, sogenannte Windgassen, in denen der Wind wie durch Düsen beschleunigt wird und die den Erosionsprozess letztlich verstärken. Jardangs sind als kleine, stromlinienförmige Rücken in der oberen Bildmitte und im unteren linken Teil des Aufsichtbilds gut sichtbar. Diese Strukturen haben große Ähnlichkeit mit Wüstenstrukturen in Zentralasien, wo sie in der Wüste Lop Nor von dem schwedischen Forscher Sven Hedin 1902 nach seiner Expedition zum ersten Mal beschrieben wurden. Das uigurische Wort für diese „Windhöcker“ ist dabei in die Fachterminologie eingegangen.
Rechts unten in den Draufsichten sind Dutzende sichelförmige Rücken zu sehen, in deren jeweiliger Mitte sich eine Vertiefung befindet. Diese Hohlräume sind anscheinend vom Wind ausgeschürft und werden „Blowouts“ (Ausbrüche) genannt. Ein Blowout ist eine untertassen- oder muldenförmige Vertiefung, die durch Winderosion auf einer bereits vorhandenen Sandablagerung entstanden ist und zusammen mit einer angrenzenden Sandanhäufung, die als Ablagerungskeule oder Blowout-Düne bezeichnet wird, gebildet wird. Ihr Entstehungsprozess ist relativ einfach: Der Wind transportiert Sand und erodiert damit die weiche Oberfläche. Wenn dieser auf ein vergrabenes Objekt trifft, wie zum Beispiel auf einen Felsen oder einfach nur eine etwas widerstandsfähige Sedimentablagerung, ist der Wind gezwungen, um diese herum zu wehen. So entsteht ein Wirbel an der Stirnseite des Hindernisses. Der Wind wird dann nach unten, um das Hindernis herum und dann wieder nach oben getrieben, wodurch eine Vertiefung entsteht, während der Sand von der Basis des Hindernisses angehoben und hinter dem Hindernis abgelagert wird.
Nur wenige Krater sind in dieser Gegend zu finden. Das ist ein Hinweis darauf, dass die Winderosion der jüngste Erosionsprozess nach der Ablagerung von MFF war, der hier auf die Oberfläche eingewirkt hat. Im oberen rechten Bereich der Ausicht sind einige Einschlagskrater zu sehen, die die darunter liegenden älteren Gesteine erkennen lassen, die von der MFF überdeckt wurden. Man geht davon aus, dass die MFF die größte Sedimentablagerung auf dem Planeten und auch die größte einzelne Staubquelle auf dem Mars ist.
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