Nordwestlich von Hellas
Die Region Mare Serpentis (lateinisch für "Meer der Schlangen") wurde nach dem Sternbild Serpens nahe dem Himmelsäquator benannt. Die hier vorgestellte Landschaft umfasst ein Gebiet von 270 Kilometer mal 100 Kilometer und ist damit fast so groß wie das Bundesland Brandenburg. Hier sind Einschlagskrater unterschiedlichen Alters zufällig verteilt. Dabei weisen die jüngeren Krater auf dem Bild noch markante, konturierte Ränder auf. Hingegen sind die Ränder und das Innere der älteren Krater schon viel stärker erodiert und fast eingeebnet.
Der 22 Kilometer große Krater oben links in der Draufsicht (Südwesten) mit dem flachen Boden ist von einer ausgeprägten Auswurfschicht mit vielen radial vom Kraterrand wegführenden Riefen umgeben. Im Vergleich zu den anderen großen Kratern scheint er wegen des deutlich schärfer konturierten Kraterrandes ein jüngerer Impaktkrater zu sein. Ein Teil des bei dem Einschlag herausgeschleuderten Materials landete in drei kleineren, älteren Kratern in unmittelbarer Nähe.
Darüber hinaus weist der Krater eine sogenannte konzentrische Füllung auf („concentric crater fill“). Dies ist ein typisches Landschaftsmerkmal der mittleren Breiten des Mars (30 bis 60 Grad nördlich und südlich des Äquators) und beschreibt eine relativ gleichförmige, zum Teil geschichtete Füllung um eine gemeinsame Mitte. Sie entsteht, wenn mit Schutt bedeckte Gletscher langsam entlang der Kraterwand nach unten fließen und zentrumsnah auf dem Kraterboden zusammenlaufen. Das Wassereis in diesen Gletschern konnte mit Radardaten des US-amerikanischen Instruments SHARAD auf dem Mars Reconnaissance Orbiter nachgewiesen werden. Die darüberliegende Schicht aus Schutt und Staub bewahrt das Eis vor der Verdampfung im Zuge der Sonneneinstrahlung.
Die kleineren Krater am rechten (nördlichen) Bildrand zeigen ebenfalls eine eisreiche Kraterfüllung, allerdings nicht konzentrisch, sondern in einem gewundenen Muster („lobate crater fill“). Die ausgeprägten Ränder weisen wiederum auf ein jüngeres Alter dieser Krater hin.
Im unteren linken Teil des Bildes sind einige kleine Täler zu erkennen („small valleys“), die in einen alten, von der Erosion schon fast vollständig ausradierten Einschlagskrater führen. Diese Täler sind Zeuge einer längst vergangenen Ära mit fließendem Wasser an der Oberfläche des Mars. Dass durch diese Täler tatsächlich Wasser und nicht irgendeine andere Flüssigkeit geflossen ist, haben mineralogische Untersuchungen bestätigt. Im oberen mittleren Teil des Bildes zeigt ein stark eingeebneter Einschlagskrater ebenfalls einige kleine, gewundene Täler, die in die verbliebene Senke des Kraters führen. Unterhalb davon befindet sich ein Krater mit einem Durchmesser von etwa 18 Kilometern, der deutlich sichtbare Nischen und Rinnen in der Wand aufweist („alcoves and channels in crater wall“). Den Boden bedeckt auch hier eine gewundene, vermutlich eisreiche Füllung, allerdings offenbar in einem früheren Stadium.
Der größte Einschlagskrater auf dem Bild hat einen Durchmesser von 45 Kilometern („dark eroded impact crater“). Seine Größe und sein stark erodierter Rand deuten auf ein hohes Alter hin, sein flacher Boden weist unregelmäßige Gruben und eine auffällige dunkle Farbe auf. Interessanterweise sind alle Krater auf der rechten Seite des Bildes von dieser dunklen Farbe geprägt, die durch grau-schwarzen, vom Wind transportierten Sand hervorgerufen wird, der in dünnen Schichten die Oberfläche bedeckt. In den kontrastverstärkten Bildern erscheint der Sand bläulich. Es wird vermutet, dass dieses Material seinen Ursprung direkt unterhalb der Krater hat und aus ablagerten Schichten alter vulkanischer Asche stammt. Diese Aschelagen wurden durch die großen Einschlagskrater angeschnitten, wodurch das feinkörnige Material freigesetzt und vom Wind verblasen werden konnte.
Im unteren rechten Teil des Bildes gibt ein weiterer, 35 Kilometer großer Einschlagskrater interessante Einblicke in den Untergrund („collapse feature“). Hier öffnet sich eine etwa 20 Kilometer lange, 9 Kilometer breite und mehrere hundert Meter tiefe Grube und legt dabei verschiedene Schichten im Untergrund frei. Einige scheinen aus eckigen Gesteinsfragmenten in einer feinkörnigen Grundmasse zu bestehen. Die gekrümmte Form einer markanten Geländestufe im Inneren der Grube lässt auf eine Entstehung durch das Absacken der Schichten in einen darunter befindlichen Hohlraum schließen. Diese Art von Einstürzen ist auch aus vulkanisch aktiven Regionen bekannt, in denen sich alte Lavaröhren oder Magmakammern entleerten und in der Folge Hohlräume im Untergrund schufen, in welche die überdeckenden Gesteinsschichten später bei zu großer Auflast hineinstürzten. Ob diese Einsturzkessel ebenfalls vulkanischen Ursprungs sind, ist noch nicht endgültig erforscht. Die Region im und um das Mare Serpentis war jedenfalls in der Vergangenheit bekanntermaßen vulkanisch aktiv.