Diese Bilder der High Resolution Stereo Camera (HRSC) zeigen eine geologisch komplexe Region an den Flanken von Thaumasia Planum einem ausgedehnten vulkanischen Plateau im Hochland südöstlich des großen Grabenbruchs Valles Marineris. Die HRSC wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und wird von dort betrieben.
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Thaumasia Planum ist ein großes vulkanisches Hochlandplateau südlich der tiefen Schluchten Melas und Coprates Chasmata – zwei tektonischen Bruchstrukturen, die Teil des riesigen, 4.000 Kilometer langen Talsystems Valles Marineris sind. Die „Ebene des Thaúmas" ist nach einem Meeresgott in der griechischen Mythologie benannt und besteht größtenteils aus erstarrten Lavaströmen. Diese sind bis zu mehreren tausend Meter dick und haben mit dieser Mächtigkeit auf den Kontinenten der Erde keine Entsprechung. Die Lava ist vermutlich im Zeitalter des Noachiums ausgetreten, dem ältesten der drei geologischen Zeitalter des Mars, und ist folglich etwa vier Milliarden Jahre alt. Thaumasia grenzt im Osten an einen 900 Kilometer langen, von Norden nach Süden verlaufenden Bergrücken, der informell als Coprates-Erhebung bezeichnet wird.
Die hier vorgestellte HRSC-Bildsequenz zeigt die östliche Flanke des Coprates-Bergrückens, der tektonische Bruchstrukturen der Nectaris Fossae sowie breit eingeschnittene Täler des ausgetrockneten Flusssystems Protva Valles enthält. Die Topographie deutet auf eine massive Veränderung der Landschaft durch Bewegungen in der Marskruste, welche die Bildung der tektonischen Gräben zur Folge hatte, und anschließender Erosion hin. Einige Landschaftsformen sind das Ergebnis von austretender und dann erstarrter, dünnflüssiger Lava, wodurch sogenannte Runzelrücken entstanden (siehe kommentiertes Bild und Übersichtskarte).
Die Bildung der Nectaris Fossae begann vermutlich im Noachium und setzte sich möglicherweise bis in das folgende Mars-Zeitalter fort – das späte Hesperium, in dem der Mars mehr und mehr seine heutige Gestalt annahm. Es wird angenommen, dass die Gräben „genetisch“ mit dem Valles-Marineris-System verknüpft sind, also wie diese durch eine Dehnung der Kruste infolge einer Aufwölbung durch aufsteigende Magmablasen entstanden sind. In dieser HRSC-Beobachtung schneiden die Klüfte nahezu geradlinig durch das Bild und sind oft mit hell getöntem Staub oder Sand gefüllt.
Das Talnetzwerk von Protva Valles ist stark von der Erosion verwittert. Sein Ursprung wurde auf die späte Noachische beziehungsweise frühe Hesperische Periode datiert – eine Zeit, in der viel mehr Wasser über die Oberfläche des Mars floss, erodiertes Material mitführen konnte und die Oberfläche dadurch neugestaltete.
Die Entwicklung der Region könnte mit der Auflast durch die Masse der bis zu 20 Kilometer hohen Tharsis -Vulkane und des Megavulkans Olympus Mons begonnen haben. Diese Last könnte Spannungen in der Gesteinskruste verursacht und zu zahlreichen Dehnungsbrüchen geführt haben. Danach wurde die Region wiederholt von Lavaströmen aus Basalt bedeckt, dem auch auf der Erde häufigsten vulkanischen Gestein aus dünnflüssiger Eisen- und magnesiumreicher Lava. In einer späteren Phase wurde die Region von Vulkanasche und -staub bedeckt. Schließlich wurden durch abfließendes Wasser Täler in die Landschaft erodiert.
Einige der Täler scheinen tiefer in das Gestein eingeschnitten zu sein, andere sind eher oberflächlich und breiter. Sie scheinen auch auf unterschiedlichen Höhenniveaus zu entspringen – ein Hinweis auf eine Absenkung des Grundwasserspiegels, falls die Flüsse von austretendem Grundwasser gespeist wurden. Aufgrund der starken Erosion ist es jedoch schwierig, die Herkunft des Wassers zu bestimmen. Die Höhenunterschiede innerhalb dieses Bildes betragen beeindruckende 4.500 Meter. Das sind Dimensionen, die wir auf der Erde nur aus den höchsten Gebirgen, den Anden und dem Himalaya, kennen. Seit der Entstehung von Protva Valles vor vermutlich 3,8 Milliarden Jahren ist die Geologie jedoch kaum verändert worden.
Die Aufnahmen mit der HRSC (High Resolution Stereo Camera) entstanden am 23. Mai 2022 während Orbit 23232 von Mars Express. Die Bildauflösung beträgt etwa 23 Meter pro Bildpunkt (Pixel). Die Bildmitte liegt bei etwa 301° östlicher Länge und 27° südlicher Breite. Die Farbaufsicht wurde aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt, die perspektivische Schrägansicht wurde aus den Geländemodell-Daten, den Nadir- und Farbkanälen der HRSC berechnet. Das Anaglyphenbild, das bei Betrachtung mit einer Rot-Blau- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und den Stereokanälen abgeleitet. Die in Regenbogenfarben kodierte Aufsicht beruht auf einem digitalen Geländemodell (DTM) der Region, von dem sich die Topographie der Landschaft ableiten lässt. Der Referenzkörper für das HRSC-DTM ist eine Äquipotentialfläche des Mars (Areoid).
Die HRSC-Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und wird von dort betrieben. Die systematische Prozessierung der Kameradaten erfolgte am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof. Mitarbeiter der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung der Freien Universität Berlin erstellten daraus die hier gezeigten Bildprodukte.
Um bereits veröffentlichte Rohbilder und DTMs der Region im GIS-kompatiblen Format herunterzuladen, benutzen Sie bitte diesen Link zu unserem Mapserver.
Images: ESA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO
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Die High Resolution Stereo Camera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Das Wissenschaftsteam unter Leitung des Principal Investigators (PI) Dr. Thomas Roatsch besteht aus 52 Co-Investigatoren, die aus 34 Institutionen und 11 Nationen stammen. Die Kamera wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben.