Angustus Labyrinthus - Eisspinnen in Inka City
Die Struktur Angustus Labyrinthus in hohen südlichen Breiten, nur 500 Kilometer vom Mars-Südpol entfernt, wurde bereits 1972 durch Daten der US-Raumsonde Mariner 9 entdeckt. Sie weist ein geradliniges, in rechten Winkeln zueinander angeordnetes Muster von Graten und dazwischen eingebetteten Polygonen auf, das an die Inka-Ruinenstadt des Weltkulturerbes von Machu Picchu in Peru erinnert. Daher werden diese geologischen Formationen informell als „Inka-Stadt“ bezeichnet wird.
Ursachen für die Entstehung dieser Landschaftsmerkmale werden seitdem diskutiert. Zunächst wurde erwogen, dass es sich bei diesen Dämmen um verfestigte Dünenkämme aus ursprünglich lockeren Sedimentpartikeln handeln könnte, die im Lauf der Zeit in festes Gestein umgewandelt wurden. Als eher wahrscheinlich gilt, dass es sich bei diesen Barrieren um schmale, vertikal stehende Gänge erstarrter Lava, sogenannte Dykes, handelt.
Die Erhebungen sind Teil einer großen kreisrunden Struktur mit einem Durchmesser von 86 Kilometern. Somit kommt auch ein Asteroideneinschlag als Erklärung infrage. Dieser Theorie zur Folge füllten sich die tiefen Verwerfungen, welche durch den Einschlag entstanden waren, mit aufsteigendem Magma, das in Form der polygonal zueinander angeordneten Spalten erstarrte. Später wurde das umliegende weichere Material der Polarebenen abgetragen, wobei die härteren Bestandteile des magmatischen Gesteins als Grate zurückblieben.
Eine weitere Hypothese besagt, dass die Erhebungen mit der benachbarten Dorsa-Argenta-Formation zusammenhängen, die viele langgestreckte, in der Landschaft stehende Rücken aufweist, die als sogenannte Esker interpretiert werden. Der Begriff stammt von dem irischen Wort „Eiscir“ (Kiesgrat) ab und bezeichnet langgestreckte, manchmal geschwungene Rücken, die aus Ablagerungen in Gletscherflüssen gebildet wurden und nach dem Gletscherrückzug sozusagen als invertierte Flusstäler zurückbleiben. Esker weisen allerdings nicht diese polygonalen Strukturen auf, die in Inka-Stadt zu sehen sind.
Die südliche Polarregion des Mars weist eine auffallende Fülle an exotischen Landformen auf, die meist in Regionen vorkommen, die von einer saisonalen Eiskappe bedeckt sind. Diese HRSC-Aufnahmen zeigen einige dunklere Regionen in der Bildmitte bis zur linken (südlichen) Seite des Bildes. Bei genauerem Hinsehen bestehen diese dunklen Oberflächen aus vielen kleinen dunklen Flecken, die auch in allen anderen Polargregionen der Mars zu finden sind. Sie weisen eine Größe von knapp 50 Metern bis 1 Kilometer auf und werden vermutlich durch den Austritt von sand- und staubbeladenem Kohlenstoffdioxidgas (CO2) von unterhalb der hellen Eisfläche verursacht: Wenn das CO2 im Spätherbst und Winter am Südpol kondensiert, bildet es eine 0,5 bis 1 Meter dicke saisonale Kappe aus hellem, grobkörnigem CO2-Eis, die dunkle Sandablagerungen rum um die Polregion bedeckt.
Diese Schicht aus CO2-Eis ist für das sichtbare Licht weitgehend durchlässig, jedoch für das thermische Infrarotspektrum undurchlässig. Das bedeutet, dass das Sonnenlicht die Eisschicht durchdringen und die darunter liegende Basis erwärmen kann, was im Frühling zur plötzlichen Umwandlung des CO2-Eises in den gasförmigen Zustand führt. Das durch Ausdehnung unter Druck stehende Gas ist dann in den dunklen Sanden unterhalb der Eisschicht eingeschlossen. Wenn der Druck weiter steigt, bekommt das Eis Risse, und es kommt zu einem schnellen Gasausbruch, bei dem dunkles Material aus dem Hohlraum mitgerissen wird und auf der Eisoberfläche die dunklen Flecken bildet.
Es wird angenommen, dass dieser Prozess einen wichtigen Austausch von CO2 zwischen der Polkappe und der Atmosphäre darstellt. Würde man mit Bildern höherer Auflösung näher an die dunklen Flecken heranzoomen, könnte man dünne Linien, ausgehend von einigen dieser Punkte, entdecken. Sie entstehen, wenn das unter Druck stehende CO2 entlang von Schwächezonen im Eis austritt und das darunterliegende Material ähnlich wie Spinnenbeine um den dunklen Fleck abgelagert wird. Daher werden diese Strukturen in der Marsforschung auch „Spinnen“ genannt. Der Mars Reconnaissance Orbiter der NASA hat wiederholt solche ungewöhnlichen „Araneiformen“ (vom lateinischen ‚aranei‘ für Spinne) fotografiert.
In der Bildmitte finden sich erodierte Schichtablagerungen, die große rundliche und ovale Formen aufweisen. Das Zentrum der Aufnahme wird von einigen Tafelbergen mit einer Höhe von über 1.500 Metern dominiert. Interessanterweise ist das „Spinnen“-Phänomen überall auf dem Bild und in allen Höhenlagen zu finden, sogar auf den großen Tafelbergen und an einigen steilen Flanken. Weiter im rechten (nördlichen) Teil des Bildes erscheint die rötliche Staubbedeckung der Oberfläche viel höher. Auf dem angrenzenden Plateau schließlich sind wieder viele „Spinnen“ zu finden. Es gibt auch einige Schluchten und Mulden, die vermutlich von periodischem Übergang von festem in gasförmigen Zustand zeugen.