Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Gerhard Neukum (1944 - 2014)
Gerhard Neukum, Professor an der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung der Freien Universität Berlin, war ein Pionier in der Methode der Altersdatierung planetarer Oberflächen mittels Kratergrößen-Häufigkeitsverteilungen; einer Methode, die heute fundamental für unser Verständnis über die Evolution fester Körper in unserem Sonnensystem geworden ist.
Bildquelle: David Ausserhofer
Er studierte an der Universität Heidelberg Physik und befasste sich in seiner Doktorarbeit mit Gesteinsproben vom Mond, die von den Apollo Astronauten zurückgebracht wurden. Ihm gelang die Verknüpfung des radiometrisch bestimmten Alters der Gesteinsproben mit einer anderen natürlichen Uhr des Sonnensystems – dem fortwährenden Einschlag von Meteoriten auf planetaren Oberflächen. Seine Arbeit brachte die erste Abstimmung dieser unterschiedlichen Uhren hervor und eröffnete die Möglichkeit, das Alter planetarer Oberflächen ohne Gesteinsproben zu bestimmen, allein durch die Analyse der „Narben“ einstiger Meteoriteneinschläge.
Die herausfordernd komplexe geologische Geschichte des Mars war dabei ein naheliegendes Ziel für die Anwendung dieser Technik – hier bot sich die Gelegenheit, die Zusammenhänge zwischen den rätselhaften Talsystemen, den riesigen Vulkanbauten, den zerklüfteten Hochebenen und dem flachen Tiefland des Nordens zu ergründen. Vieles konnte schon mit den Aufnahmen der Viking-Missionen aus den 70er Jahren erreicht werden, aber mit neuen Technologien eröffnete sich die Möglichkeit, noch viel weiter zu gehen. Gerhard Neukum leitete die Entwicklung der High Resolution Stereo Camera (HRSC), eines Instruments das dafür ausgelegt ist, eine globale Kartierung des Mars in Farbe und Stereo und mit einer hohen Auflösung von 12 Metern pro Bildpunkt durchzuführen. Die HRSC wurde erstmals auf der russischen Sonde Mars 96 installiert, die unglücklicherweise nach dem Start nicht die Erdumlaufbahn verließ und in der Atmosphäre verglühte.
Doch Gerhard Neukum machte weiter, als Direktor des DLR Instituts für Planetenforschung in Berlin Adlershof wurde er der maßgebliche Befürworter für die erste ESA Forschungssonde, die zu einem anderen Planeten entsandt wurde. Im Jahr 2003, sieben Jahre nach dem Mars 96 Unglück, wurde Mars Express gestartet. Mit an Bord war eine verbesserte Version der HRSC, die seitdem vom Marsorbit aus ununterbrochen Bilder aufnimmt. Der Datenstrom der HRSC hat in den letzten Jahren eine Vielzahl von neuen Erkenntnissen hervorgebracht. Dazu gehören wichtige Arbeiten von Wissenschaftlern aus der ganzen Welt die Gerhard Neukums Methode zur Oberflächendatierung nutzen, um einst aktive geologische Prozesse auf dem Mars in einen zeitlichen Kontext zu setzen.
2002 wechselte er als Professor an die Freie Universität, wo er die Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung neu aufbaute. Neben seiner Expertise auf dem Gebiet der Einschlagskrater-Chronologie, wirkte er bei den NASA Missionen Cassini zum Saturn und Dawn zu den Asteroiden Vesta und Ceres, sowie bei der Rosetta Mission der ESA zum Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko mit. Als prominenter Vertreter und international anerkannter Experte hat Gerhard Neukum die Planetenforschung in Deutschland mit etabliert.
Gerhard Neukum verstarb am 21. September 2014 in Berlin. Unser besonderes Mitgefühl gilt seiner Frau, seinen Kindern und Enkelkindern.