Konservierung der Wasser- und Bodenressourcen in den Einzugsgebieten des Chetillano und Ronquillo in der nördlichen Sierra Perus
Nahezu vollständiger Bodenverlust durch Erosion (Chupicaloma bei Cajamarca, März 2008) |
Problemstellung
Der Gebirgscharakter des Gebietes, der daran gekoppelte geomorphologische Formenschatz und die durch die Landnutzung veränderte Pflanzenbedeckung in Kombination mit den saisonalen Niederschlagsverhältnissen verursachen zahlreiche Probleme für die ökologisch-ökonomische Situation im Untersuchungsgebiet. Als eine zentrale Problemstellung für eine nachhaltige ökologisch-ökonomische Entwicklung ist das unzureichende Wassermanagement in den zwei Einzugsgebieten. Die zur Verfügung stehenden Wassermengen werden vor allem durch das saisonale Niederschlagsregime gesteuert, wobei ein bedeutender Teil des Niederschlags, der in der Regenzeit fällt, ungehindert oberflächlich abfließt und zum Verlust der Ressourcen Wasser und Boden führt (hoher Effektivniederschlag bzw. Direktabfluss).
Eine aus ökologischer Sicht negative Konsequenz des unkontrollierten Oberflächenabflusses stellt die starke Bodenerosion dar. Als Gründe für die hohen Erosionsraten werden v.a. die zunehmende Entfaltung des Ackerbaus und der Viehwirtschaft in steilen Hanglagen genannt. Bei Starkregen treten zusätzlich Massenbewegungen auf. Diese Ereignisse führen zum Verlust des ackerbaulich wichtigen Oberbodens sowie zur Verunreinigung des Wassers für die Unterlieger durch starke Sedimentkonzentrationen und adsorbierte Agrochemikalien (z.B. Nährstoffe, Pflanzenschutzmittel). Wegen der hohen Erosionsraten und der unzureichenden Abflussregulierung ist ein Großteil des fließenden Wassers sedimentbeladen bzw. verunreinigt und damit nicht geeignet, eine gesunde aquatische Lebensgrundlage zu bieten. El-Niño - Ereignisse sind diesbezüglich von außerordentlicher Bedeutung.
Zusätzlich zu diesen Auswirkungen findet eine beschleunigte Verlandung des im Unterlauf des Jequetepeque liegenden Stausees Gallito Ciego statt, was in einigen Jahren zur Verlandung und damit zum „Versiegen“ dieser Wasserquelle für die Unterlieger führen wird. Dies sind die im ariden Küstenstreifen wirtschaftenden Bauern, die auf diese Wasserressource zum Bewässerungsfeldbau angewiesen sind.
Von besonderer Bedeutung kann die saisonale Niederschlagskonzentration in der zweiten Jahreshälfte werden, wenn die Trockenheit zu Wachstumseinschränkungen in der zweiten landwirtschaftlichen Vegetationsperiode führt. Für die fast ausschließlich familiären, kleinbäuerlichen Betriebe in diesem Gebiet geht damit ein hohes existentielles Risiko einher, da es sich hauptsächlich um subsistenzwirtschaftende Kleinbetriebe handelt, für die Ernteeinbußen schnell direkte Auswirkungen auf die Lebensqualität bedeuten. Erschwerend tritt hinzu, dass eine ungleichgewichtige Verteilung der Wasserressourcen und der wirtschaftlichen Leistung innerhalb des Einzugsgebietes besteht, die zugunsten des unteren (ariden!) Einzugsgebietes ausfällt. Hinzu kommt, dass die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung in den Trockenmonaten kaum zu bewältigen ist, einerseits aufgrund der unzureichend ausgebauten Infrastruktur, aber auch aufgrund der zu geringen Wasserstände in den Flüssen. Besonders die schnell wachsende Stadt Cajamarca leidet im Sommer immer wieder unter Trinkwassermangel, was dazu führt, dass die Wasserversorgung in der Trockenzeit mehrere Stunden täglich nicht gewährleistet werden kann.
Ziele des Projektes
Das Projekt hat den dezentralen Wasserrückhalt und den Bodenschutz zum Ziel, womit grundsätzlich die Verweilzeit des Regenwassers im Einzugsgebiet erhöht werden soll und damit positive Folgen, wie die Verminderung des Oberflächenabflusses und der Bodenerosion, die Erhöhung des Grundwasservolumens als Wasserspeicher für Trockenperioden sowie die Reduzierung von Hochwasserspitzen in den Flüssen und die Reduzierung der Flusserosion zu erwarten sind. Dadurch sind positive Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktivität und damit auch auf die Einkommensverhältnisse der Bevölkerung zu erwarten. Bis zur anschließenden Umsetzung effektiver Maßnahmen wird darauf geachtet, dass eine „win-win-Situation“ (nachhaltige Boden- und Wasserressourcenentwicklung und verbesserte Nutzungsbedingungen für die ländliche und städtische Bevölkerung) erreicht wird.
Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine belastbare Datengrundlage sowie die Überführung dieser Daten in ein Niederschlag-Abfluss-Modell zur Nachbildung der vielseitigen Prozesse erforderlich. Auf dieser Grundlage kann eine vernunft- und wissensgeleitete Konzepterstellung zum nachhaltigen Ressourcenschutz erfolgen. Insbesondere der Entwicklungsprozess von einzelnen Schutzmaßnahmen wird die kreative Auseinandersetzung mit den natürlichen Gegebenheiten des Raumes sowie der Einflussmöglichkeiten auf das Prozessgeschehen im Raum fördern. Dabei wird das Verantwortungsbewusstsein aller an diesem Prozess beteiligten Personen und Institutionen gefordert, da das zu entwickelnde Maßnahmenpaket im Rahmen einer späteren Umsetzung (positive!) Auswirkungen auf die Lebenssituation der Bevölkerung der Flusseinzugsgebiete haben wird.
Lineare Erosionserscheinungen und Badlandbildung (Oberes Einzugsgebiet des Jequetepeque, März 2008)
Untersuchungsgebiet
Das Untersuchungsgebiet in der nördlichen Sierra Perus besteht aus zwei hydrologischen Einzugsgebieten. Der Fluss Chetillano (181 km²) mündet in den Jequetepeque, der das Andenhochland westwärts in den Pazifik entwässert. Die östliche Wasserscheide des Einzugsgebietes des Chetillano grenzt mit Höhen über 4.000 m.ü.M an das Flussgebiet des Rio Ronquillo (ca. 50 km²), der in östliche Richtung über den Rio Marañón und den Amazonas in den Atlantik entwässert.
Das Untersuchungsgebiet zeichnet sich von West nach Ost durch den Übergang vom tropischen Wüsten- und Halbwüstenklima im Küstenraum zu tropischem, semihumidem Regenklima in den Gebirgsregionen aus. In den EZG kommt es zu einer höhenabhängigen Differenzierung der jährlichen Niederschlagssummen. So steigen die Jahresniederschlagsmengen von 31 mm in Chiclayo (31 m ü.M.) auf über 1200 mm in den östlichen Kammlagen der beiden Einzugsgebiete.
Das tropische Regenklima mit saisonalem Niederschlagsregime spiegelt sich in einem saisonal geprägten Abflussregime des Jequetepeque wider. Die durchschnittlichen hydrologischen Verhältnisse sind gekennzeichnet durch einen Mittelwasserabfluss (MQ) von 28,2 m³/s, einen mittleren Hochwasserabfluss (MHQ) von 75,3 m³/s und einen mittleren Niedrigwasserabfluss (MNQ) von 16,9 m³/s für die 10-jährige Messreihe von 1996/97 bis 2005/06 am Pegel Yonan oberhalb des Stausees Gallito Ciego. Die Jahresabflusssummen des Jequetepeque am Pegel Yonán liegen zwischen minimal 88 Mio. m³ (1979/80) und maximal 2.701 Mio. m³ (El Niňo 1997/98). Im Durchschnitt beträgt das Jahresabflussvolumen 817 Mio. m³, von denen 60 bis 80 % in drei Monaten abfließen. Zugleich findet hier die größte Bodenerosion und der meiste Sedimentaustrag statt, wohingegen in den regenfreien– bzw. regenarmen Zeiten die Wasserressource nur unzureichend zur Verfügung steht.
Der hohen intra-saisonalen Variabilität der Niederschläge und Abflüsse ist die Variabilität der ENSO-Zyklen überlagert, die im Falle von El Niňo- oder La Niňa- Ereignissen in der Region zu katastrophalen Überschwemmungen auf der einen Seite und zu extremen Dürreperioden auf der anderen Seite führen können. Hieraus folgt, dass makroklimatische Rahmenbedingungen wie die ENSO-Zirkulation eine entscheidende Rolle im hydrologischen Prozessgeschehen der Region spielen und damit auch die intradekadische Variabilität der Niederschläge bei der Projektumsetzung miteinbezogen werden muss.
Projektvorhaben
Das angestrebte Forschungsprojekt soll fehlende wissenschaftliche Grundlagen erschließen und diese in eine zielführende Planung von Maßnahmen zum dezentralen Wasserrückhalt und Bodenschutz überführen, z.B. durch Ackerterrassen, Wiederbewaldung sehr steiler Bereiche, Inwertsetzung bisher ungenutzter Gebiete. Es gibt bisher keinen Ansatz, die Maßnahmen so anzulegen, dass ein gesamtes Flussgebiet berücksichtigt wird. Diese räumliche Einheit (mit den Teilgebieten) muss aber gesamthaft betrachtet werden, da hier die Abflussbildung unmittelbar über die Bodenerosion auf den Feldern und großen vegetationslosen Flächen und die Abflusskonzentration über die Erosion in den Gerinnen entscheidet. Bodendegradation und Badlandbildung sind die negativen Folgen, die vor Ort zu beobachten sind. Die geplanten Maßnahmen zum Bodenschutz in den oberen EZG sollen auch dazu beitragen, den Sedimenteintrag in den Stausee zu vermindern.
In Kooperation mit zivilgesellschaftlichen und staatlichen Institutionen, die im EZG bereits tätig sind (Cedepas Norte, Instituto Cuencas, Aspaderuc, Universidad Nacional de Cajamarca, Municipalidad de Cajamarca) sowie in Koordination mit der GTZ sollen in den EZG des Chetillano und des Ronquillo, die nachweislich von starker Erosion betroffen sind und zudem in der zweiten Jahreshälfte häufig unter Wassermangel leiden, meteorologische, hydrologische und bodenkundliche Untersuchungen durchgeführt werden. Für die Erarbeitung zielgerichteter dezentraler Maßnahmen zur Reduzierung der Abflussbildung auf der Fläche - was unmittelbar als Folge die Bodenerosion und den Sedimenttransport in den Gerinnen reduziert - wird eine modellhafte Darstellung der beiden Gebiete erfolgen unter Verwendung einer computergestützten Niederschlag-Abfluss-Simulation. Diese Modellierungen, die sowohl auf den eigenen Messwerten (z.B. Klimadaten, Abflussmessungen) als auch auf bereits vorhandenen Daten beruhen wird, stellt eine notwendige Vorraussetzung dar, um die Teilflächen mit dem höchsten Oberflächenabfluss und entsprechend hohem Sedimentaustrag zu identifizieren. Nach erfolgter Priorisierung der Gebietseinheiten hinsichtlich ihres Beitrags zum Oberflächenabfluss und Sedimentaustrag sollen bausteinartig Maßnahmen in das Modell implementiert werden, so dass verschiedene Szenarien mit modular zu kombinierenden Maßnahmenpaketen erarbeitet und in ihrer Wirkung quantifiziert werden können. Dies stellt die eigentliche Innovation des Projektansatzes dar.