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Szenen aus dem Mars-Mittelalter: Ablagerungen der Tagus Valles in Hesperia Planum

Diese Bilder, die mit der vom DLR betriebenen, hochauflösenden Stereokamera HRSC auf der ESA-Raumsonde Mars Express aufgenommen wurden, zeigen einen Ausschnitt des nördlichen Teils der Ebene Hesperia Planum. Die Gegend ist von zahlreichen Kratern unterschiedlichster Größen übersät, die fast alle über die Zeit stark abgetragen wurden. Das lässt den Schluss zu, dass es sich bei diesem Hochlandgebiet um eine der ältesten Gesteinsformationen des Planeten überhaupt handelt. Die hier gezeigten Darstellungen wurden vom Institut für Geologische Wissenschaften der FU Berlin erstellt.


Tagus Valles Perspektive 
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Hesperia Planum ist eine ausgedehnte Hochlandregion nahe dem Marsäquator mit einem Durchmesser von mehr als 1500 Kilometern. Der Name Hesperia rührt von der Bezeichnung für das Abendland in der Antike her. Weil sich in dieser Gegend zahleiche, für das "Mars-Mittelalter" typische, die Landschaft verändernde Prozesse abgespielt haben, wurde in der Marsgeologie die "Hesperische Periode" nach Hesperia Planum benannt. Das Hesperium deckt die Zeit von 3,7 bis 3,4 Milliarden Jahren vor unserer Zeit ab, eine Periode, die den gesamten Mars nachhaltig veränderte. Auf den hier gezeigten Bildern können diese geologischen Veränderungen zum Teil exemplarisch nachvollzogen werden.

Südlich des hier gezeigten Teils von Hesperia Planum nimmt ein kleines, verzweigtes System von Tälern namens Tagus Valles (siehe topographische Übersichtskarte) seinen Ausgang. Die Ausläufer der Täler sind auf den Bildern nicht ganz leicht zu erkennen, da verschiedene geologische Prozesse die Oberfläche und auch den Talverlauf verändert haben: In der farbkodierten topographischen Karte lassen sich stellenweise unterhalb (östlich) und rechts (nördlich) des großen Kraters mit dem markanten, zerfurchten Inneren ansatzweise noch mäandrierende Talverläufe erkennen. Die Tagus Valles sind nach dem längsten Fluss auf der Iberischen Halbinsel benannt, dem Tajo, wie er in Spanien heißt, bzw. dem Tejo in Portugal.

    


Tagus Valles Farbaufsicht
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Einebnung der Krater-Vertiefungen durch Flusssedimente

Im mittleren und unteren Teil des Farbmosaik – nördlich und nordöstlich der Tagus Valles – sind viele Krater mit einer sehr glatten Oberfläche zu sehen. Es könnte sein, dass diese Krater mit Sedimenten aufgefüllt wurden, die von dem Wasser, das einst durch diese Täler geflossen ist, dorthin transportiert und abgelagert wurden. Im rechten unteren Bildquadranten des Mosaiks ist eine Gruppe von Kratern zu erkennen, die alle miteinander verbunden sind und ebenfalls verfüllt wurden. Im Zentrum dieser drei sich überlagernden Krater ist ein kleinerer Krater mit einem Durchmesser von etwa 6,5 Kilometern und einem sehr viel schärfer umrissenen Rand zu sehen. Er ist später als die flacheren Krater und die darin abgelagerten Sedimente entstanden. Der Krater ist von einer auffälligen Auswurfdecke umgeben, die sich mit einem markanten Rand, wie mit einem Wall über die Ebene erhebt. Die Form der Auswurfdecke weist darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Entstehung des Kraters durch den Einschlag eines kleinen Asteroiden im Zielgebiet durchfeuchtete Sedimente vorhanden waren.

    


Tagus Valles farbkodiertes Höhenmodell 
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Vielfältige Spuren von Erosion

Einen anderen Hinweis auf das zeitweise Vorhandensein von Wasser liefert der dunkel gefärbte Krater im Süden. Dieser Krater hat einen Durchmesser von etwa 34 Kilometern. Auffallend sind zahlreiche große Tafelberge und so genannte Yardangs (Windgassen), die sich im Inneren des Kraters gebildet haben, der einstmals von Sedimenten teilweise aufgefüllt war. Vieles deutet darauf hin, dass der Krater mehrere Male, zu verschiedenen Zeitpunkten überflutet wurde. Während solcher Ereignisse wurden Sedimente im Krater abgelagert. Damit die auf den Bildern heute zu erkennende ungewöhnlich "chaotisch" anmutende Landschaft im Innern des Kraters entstehen konnte, mussten Teile dieser Sedimente wieder abgetragen worden sein. Eine mögliche Erklärung, wie die kraterinneren Sedimente entfernt worden sein könnten, sind Lösungsprozesse, die sich unter der Oberfläche abgespielt haben. Dadurch sind Hohlräume entstanden, in die Material nachgesackt ist. Auf der oberen rechten Ecke des Kraterbodens erkennt man Überreste eines schmalen Tals, das sich dort einmal befunden hat. Ein weiteres interessantes Merkmal sind die dunkel getönten Ablagerungen, die sowohl Teile der Innenseite als auch der Krateraußenseite überdecken. Diese Ablagerungen könnten aus feiner vulkanischer Asche bestehen, die über große Flächen verteilt wurden. Ein möglicher Herkunftsort für diese Ascheablagerungen könnte die Elysium-Vulkanprovinz sein, die sich nordöstlich des hier gezeigten Gebietes befindet, oder den benachbarten, etwas kleineren Vulkan Tyrrhena Patera im Südosten.

    

Tagus Valles Anaglyphe
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(benutzen Sie eine rot-grün oder rot-blau Brille)


Bildverarbeitung und das HRSC-Experiment auf Mars Express

Die Aufnahmen mit der HRSC (High Resolution Stereo Camera) entstanden am 15. Januar 2013 während Orbit 11.504 von Mars Express. Die Bildauflösung beträgt etwa 22 Meter pro Bildpunkt (Pixel). Die Abbildungen zeigen einen Ausschnitt bei etwa 4 Grad südlicher Breite und 114 Grad östlicher Länge. Die Farbaufsicht wurde aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt; die perspektivischen Schrägansichten  wurde aus den Stereokanälen der HRSC berechnet. Das Anaglyphenbild, das bei Betrachtung mit einer Rot-Blau- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und einem Stereokanal abgeleitet. Die in Regenbogenfarben kodierte Höhenmodell beruht auf einem digitalen Geländemodell der Region, von dem sich die Topographie der Landschaft ableiten lässt.

Die High Resolution Stereo Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Das Wissenschaftsteam unter Leitung des Principal Investigator (PI) Prof. Dr. Ralf Jaumann besteht aus 40 Co-Investigatoren, die aus 33 Institutionen und zehn Nationen stammen.