Untergrundeis und Blockgletscher in einem Krater in Noachis Terra
Aktuelle Bilddaten der hochauflösenden Stereokamera HRSC an Bord der ESA-Raumsonde Mars Express zeigen das südliche Hochland des Mars. Der abgebildete Krater ist etwa vier Kilometer tief und hat einen Durchmesser von etwa 50 Kilometern. Er besitzt eine zentrale Vertiefung und Entwässerungstäler am Kraterrand. Diese Strukturen weisen auf das Vorhandensein von Eis im Untergrund hin. Ein ungewöhnliches Dünenfeld zeigt, dass in der Gegenwart atmosphärische Vorgänge die Landschaft formen. Mitarbeiter der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung der Freien Universität Berlin erstellten die hier gezeigten Ansichten. Die systematische Prozessierung der Daten erfolgte am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof.
Mare Serpentis Perspektive
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Der noch mit keinem Namen belegte Krater befindet sich südwestlich der Albedostruktur Mare Serpentis, dem "Meer der Schlange", in der Region Noachis Terra. Albedo, abgeleitet vom lateinischen Wort "alba" für weiß oder hell, ist ein Maß für das Rückstrahlvermögen von Oberflächen. Dunkle oder raue Oberflächen reflektieren weniger vom eingestrahlten Licht als helle oder glatte Oberflächen. So identifizierte man vor dem Raumfahrtzeitalter bei der teleskopischen Erforschung insbesondere des Mondes und des Mars Regionen von sehr niedrigen beziehungsweise sehr hohen Albedowerten, die von dunkleren respektive helleren Oberflächen herrühren. Diese wurden dann zum Beispiel - wie im Fall von Mare Serpentis - nach Meeren oder Seen benannt, weil sie eine ähnliche Albedo zeigen.
Mit einem Alter von über 3,9 Milliarden Jahren zählt Noachis Terra zu den ältesten Regionen auf dem Mars. Nach diesem Gebiet ist auch das geologische Marszeitalter des Noachiums ("Noahs Land") benannt. Es umfasst den Zeitraum von etwa 4,1 bis 3,7 Milliarden Jahren vor unserer Zeit. Noachis Terra befindet sich im südlichen Hochland des Mars, westlich des großen Einschlagbeckens Hellas Planitia. Zahlreiche Einschlagkrater wurden dort über Milliarden von Jahren gebildet, verändert und wieder zerstört.
Mare Serpentis Farbaufsicht
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Der unbenannte Einschlagkrater auf den Bildern zeigt eine zentrale Vertiefung. Diese Art von Einschlagkratern nennt man "central pit crater". Sie sind auf dem Mars häufig zu finden, kommen aber auch auf den Jupitermonden Ganymed und Callisto vor. Wahrscheinlich entsteht eine solche Vertiefung in der Kratermitte während oder nach dem Einschlag - durch das explosionsartige Verdampfen von Eis im Untergrund, das dann durch die schlagartige, explosive Ausdehnung der Gasmengen regelrecht ein Loch in die junge Kratervertiefung reißt.
Mare Serpentis Farbkodiertes Höhenmodell
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Südlich und östlich des Kraters sind die Reste eines erhöhten Plateaus zu erkennen. Die einstmals über das gesamte Gebiet verteilten Ablagerungen wurden in unmittelbarer Umgebung des Kraters offensichtlich vor der Abtragung bewahrt. Möglicherweise verfestigte sich das lockere Material im Umfeld des Kraters durch den Einschlag, und der Kraterauswurf legte sich wie eine Decke darüber.
Zahlreiche kleine Täler und Talnetzwerke sind auf den inneren Hängen des Einschlagskraters zu sehen. Untersuchungen dieser Täler und Rinnen lassen darauf schließen, dass sie sowohl durch Tauwasser, als auch durch die hangabwärts gerichtete Bewegung von eisreichem Schutt ausgeschürft wurden. Von Zeit zu Zeit taute an den sonnenbeschienenen Hängen im Inneren des Kraters das Eis im Untergrund, und das Tauwasser konnte in Richtung des Kraterzentrums abfließen. Das Innere der Täler ist mit eisreichen Ablagerungen gefüllt, diese werden als "lineated valley fill" bezeichnet.
Mare Serpentis Anaglyphe
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Bildverarbeitung und das HRSC-Experiment auf Mars Express
Die Aufnahmen mit der HRSC (High Resolution Stereo Camera) entstanden am 29. Juli 2015 während Orbit 14680 von Mars Express. Die Bildauflösung beträgt 14 Meter pro Bildpunkt (Pixel). Die Bildmitte liegt bei etwa 37° östlicher Länge und 35° südlicher Breite. Die Farbaufsicht wurde aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt, die perspektivische Schrägansicht wurde aus den Stereokanälen der HRSC berechnet. Das Anaglyphenbild, das bei Betrachtung mit einer Rot-Blau- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und einem Stereokanal abgeleitet. Die in Regenbogenfarben kodierte Aufsicht beruht auf einem digitalen Geländemodell der Region, von dem sich die Topographie der Landschaft ableiten lässt.
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Images: ESA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO
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Die High Resolution Stereo Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Das Wissenschaftsteam unter Leitung des Principal Investigators (PI) Prof. Dr. Ralf Jaumann besteht aus 52 Co-Investigatoren, die aus 34 Institutionen und elf Nationen stammen. Die Kamera wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben.