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Geburt eines Chaos – Krater und Kollaps in Pyrrhae Regio

Bilddaten der hochauflösenden Stereokamera HRSC an Bord der ESA-Raumsonde Mars Express zeigen eine faszinierende Landschaft in der Nähe des großen Canyonsystems der Valles Marineris, die sogenannte Pyrrhae Regio. Auf einem Hochplateau mit vielen Kratern liegt ein geologisch sehr „bewegtes“ Gebiet, das in der Fachsprache als chaotisches Terrain bezeichnet wird. Die High Resolution Stereo Camera (HRSC) wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und wird von dort betrieben.

  


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Pyrrhae Regio HRSC Perspektive

Chaos in Pyrrhae Regio

» Erfahren Sie hier mehr über die Region Pyrrhae Regio auf dem Mars

Südlich des Eos Chasma, der „Schlucht der Morgenröte“, einem östlichen Seitenarm des großen Grabensystems Valles Marineris, erstreckt sich die Region Pyrrhae auf einem uralten, von Kratern übersäten Hochlandplateau. Die Aufnahmen der HRSC zeigen am rechten Bildrand in der Farbaufsicht eine eindrucksvolle chaotische Landschaft, die an eine flache Plateauregion angrenzt.

 

Chaotische Gebiete entstehen durch den Einsturz der über Eis- und Sedimentschichten liegenden Oberfläche (siehe auch Schema zur Entstehung von Chaosgebieten). Das Eis schmilzt, hervorgerufen z.B. durch vulkanische Intrusionen im Untergrund, Lavaflüsse oder Meteoriteneinschläge. Das Wasser läuft aus dem Sediment häufig in einem katastrophalen und kurzlebigen Flutereignis ab. Auf der Übersichtskarte ist im Nordosten außerhalb des Bildausschnitts zu sehen, dass in dieses chaotische Gebiet verzweigte Ausflusstäler, die Osuga Valles, hineinmünden. Wissenschaftliche Untersuchungen der Kollapsstukturen in Eos Chasma im Südosten und der Pyrrhae Region sowie des Ausflusstalsystems der Osuga Valles zwischen den beiden ergaben, dass hier mindestens zwei gegenläufige Abflussereignisse stattfanden: Zuerst fand ein Abfluss von der Pyrrhae Region in Eos Chasma statt und zu einem späteren Zeitpunkt umgekehrt. Nach dem Wasser- und Sedimentabfluss bleiben zerklüftete Blöcke in der Aushöhlung zurück in der einst das Eis verborgen war. Vermutlich fand zusätzlich zum Schmelzwasser auch Grundwasseraustritt statt. Das austretende Grundwasser führte dann zu Rutschungen und Abbrüchen an den Rändern des kleinen Chaosgebiets. Der Höhenunterschied innerhalb des Bildes beträgt 4 km! Die Menge des dabei herausgelösten und abtransportierten Materials ist dementsprechend enorm gewesen.

Auf der südlichen Seite (links in der Farbaufsicht) sind zwei große und ein kleiner Einschlagskrater auf einer relativ ungestörten Oberfläche zu sehen, letzterer misst ca. 20 km im Durchmesser. Der große Krater zeigt lineare Bruchstrukturen auf dem Kraterboden, welche vermutlich durch schnell abkühlende und sich dabei zusammenziehende Lava, die nach dem Einschlag, entstanden sind. Zwischen dem Krater und dem Chaosgebiet erkennt man zwei Täler, beide sind zwei Kilometer breit. Diese Täler, vor allem das obere, zeigen große Ähnlichkeit zu so genannten „sapping valleys“. Bei dieser Form der Erosion tritt Grundwasser direkt an der Geländekante, bzw. unterhalb davon wie an einer triefenden Quelle aus. Dadurch wird der Abhang erodiert und ausgehöhlt, und durch das Nachrutschen von Material an der Geländeoberkante "wandert" die Erosionskante nach dem Abtransport durch fließendes Wasser immer weiter nach hinten. So entstehen steile und u-förmige Talstrukturen.

Die Region wurde nach Pyrrha, der Tochter der Pandora und Frau des Deukalion, benannt. In der griechischen Mythologie kommt Deukalion die gleiche Rolle wie Noah zu. Er wurde von seinem Vater Prometheus aufgefordert, eine Arche zu bauen, um sich und seine Frau vor der großen Flut zu retten, die Zeus heraufbeschworen hatte, um die Menschheit zu vernichten. Pyrrha und Deukalion überlebten als einzige die Katastrophe und schufen die Menschheit neu, indem sie Steine über ihre Schultern warfen, aus denen dann Menschen entstanden.

High Resolution Stereo Camera (HRSC)

» Informationen zur Herkunft und Verarbeitung der Bilder

Die Aufnahmen mit der HRSC (High Resolution Stereo Camera) entstanden am 3. August 2020 während Orbit 20972 von Mars Express. Die Bildauflösung beträgt etwa 16 Meter pro Bildpunkt (Pixel). Die Bildmitte liegt bei etwa 322° östlicher Länge und 16° südlicher Breite. Die Farbaufsicht wurde aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt, die perspektivische Schrägansicht wurde aus den Geländemodell-Daten, den Nadir- und Farbkanälen der HRSC berechnet. Das Anaglyphenbild, das bei Betrachtung mit einer Rot-Blau- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und den Stereokanälen abgeleitet. Die in Regenbogenfarben kodierte Aufsicht beruht auf einem digitalen Geländemodell (DTM) der Region, von dem sich die Topographie der Landschaft ableiten lässt. Der Referenzkörper für das HRSC-DTM ist eine Äquipotentialfläche des Mars (Areoid).

Die HRSC-Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und wird von dort betrieben. Die systematische Prozessierung der Kameradaten erfolgte am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof. Mitarbeiter der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung der Freien Universität Berlin erstellten daraus die hier gezeigten Bildprodukte.

Um bereits veröffentlichte Rohbilder und DTMs der Region im GIS-kompatiblen Format herunterzuladen, benutzen Sie bitte diesen Link zu unserem Mapserver.

Images: ESA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO

Copyright Notice:

Where expressly stated, images are licenced under the Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 IGO (CC BY-SA 3.0 IGO) licence. The user is allowed to reproduce, distribute, adapt, translate and publicly perform it, without explicit permission, provided that the content is accompanied by an acknowledgement that the source is credited as 'ESA/DLR/FU Berlin', a direct link to the licence text is provided and that it is clearly indicated if changes were made to the original content. Adaptation / translation / derivatives must be distributed under the same licence terms as this publication.

Die High Resolution Stereo Camera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Das Wissenschaftsteam unter Leitung des Principal Investigators (PI) Prof. Dr. Ralf Jaumann besteht aus 52 Co-Investigatoren, die aus 34 Institutionen und 11 Nationen stammen. Die Kamera wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben.