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Australe Scopuli

Die saisonalen Polkappen des Mars bestehen hauptsächlich aus Kohlendioxideis (CO₂). Dieses Eis sublimiert teilweise im Frühling und setzt große Mengen Gas in die dünne Marsatmosphäre frei, während im Herbst das Kohlendioxid wieder kondensiert, wodurch die Polkappen wachsen und bis zum späten Winter bis auf 55 Grad Breite reichen. Diese Prozesse formen eine Oberfläche, die Marsforscher als kryptisches Terrain bezeichnet haben.

Auf der südlichen Hemisphäre des Mars ist Frühling. Die Region Australe Scopuli scheint kürzlich unter einer dicken Winterdecke aus Frost hervorgekommen zu sein. Die linke Seite des Bildes zeigt vorwiegend geschichtete Ablagerungen. Diese Schichten bestehen gewöhnlich aus einer Mischung von CO₂-Eis und Staub. Auf der rechten Seite des Bildes kommt ebenfalls die glatte Oberfläche der polaren Schichtablagerungen zum Vorschein. In der Mitte des Bildes überwiegen tiefer liegende Bereiche der Region in denen dunklere Töne dominieren. Bei genauerem Hinsehen erkennt man, dass die Oberfläche von einem Muster aus Polygonen unterschiedlicher Größen bedeckt ist.

Auf der Erde sind solche Polygone typisch für periglaziale Strukturen in arktischen und antarktischen Regionen. Sie deutenin der Regel auf das Vorhandensein von Wassereis im Boden hin. Der Begriff periglazial bezieht sich auf Regionen und Prozesse, bei denen kaltes Klima zur Entstehung von Landformen und Landschaften beiträgt. Polygone entstehen über Jahre oder sogar Jahrhunderte durch Gefrier- und Tauzyklen des Bodeneises. Die dadurch entstehenden polygonalen Risse füllen sich dann entweder mit Eis, Geröll, Sand oder bleiben offen. Auf dem Mars wird die Bildung dieser Polygone eher durch zyklische Temperaturschwankungen über längere Zeiträume verursacht, die sich entweder mit Sand füllten oder offenbleiben. Solche Landformen werden auch als „Frostmusterböden“ bezeichnet. 

Fächerförmige Ablagerungen sind in vielen Bereichen des Bildes zu finden. Die Fächer sind in Richtung der vorherrschenden Winde ausgerichtet. Die Länge der Fächer reicht von einigen Metern bis zu mehreren hundert Metern. Im HRSC-Bild sind zwei Arten von Fächern zu erkennen: dunkle und helle Fächer. Die dunklen Ablagerungen bestehen aus dunklen, feinkörnigen Sanden und die hellen Fächer aus Kohlendioxid-Frost. Beide Typen entstehen aber durch den gleichen Prozess: die Ausgasung von in der Eisdecke enthaltenem Kohlendioxid-Gas in Form von Gas-Eruptionen, auch CO2-Jets genannt. Ihre Aktivität wird von der Sonneneinstrahlung bestimmt.

Wie auf den Bildern zu erkennen ist, bestehen die polaren Eiskörper des Mars immer aus Wechsellagerungen von Eis und dunklem Staub oder Sand. Wenn das Sonnenlicht im zeitigen Frühjahr durch die durchscheinende CO2-Eisschicht dringt und das darunter liegende dunkle Substrat erwärmt, wird die Sublimations-Temperatur des Eises schnell erreicht und es bilden sich Taschen mit unter Druck stehendem Gas. Schließlich reißt die Eisdecke, das Gas entweicht und bildet CO2-Jets. Das entweichende Gas reißt einen Teil des feinkörnigen dunklen Sandes wie in einer Fontäne mit und befördert es an die Oberfläche, wo es in Form von dunklen Fächern ablagert wird.

Nach dieser ersten Aktivitätsphase, in der sich dunkles Material auf der Eisoberfläche ablagert, setzt eine zweite Phase ein, in der die Eisschicht mit dem dunklen Material auf ihr interagiert. Wissenschaftliche Theorien besagen, dass die hellen Fächer entweder durch Re-Kondensation von Eis entstehen oder dass helle Fächer auch aus dunklen Fächern entstehen können. Wenn dunkle Sandkörner durch die Eisschicht sinken, absorbieren sie Sonnenlicht und erwärmen das Kohlendioxid-Eis, das sublimiert und ein Loch hinterlässt. Neues Kohlendioxid-Eis re-kondensiert auf den sinkenden dunklen Körnern. Dieser Prozess führt zu einem hellen Fächer an der Stelle der dunklen Sandkörnchen.

Eine andere Hypothese besagt, dass der wärmere dunkle Sand oder Staub an der Oberfläche einen Effekt im Eiskristall erzeugt, der die Transparenz des Eises stark verringert. Das führt zu einer starken Lichtreflexion des Fächers im Vergleich zum umgebenden Material, was ihn hell/weiß erscheinen lässt. Im Allgemeinen entwickeln sich die Fächer nur während des lokalen Mars-Frühlings, bis die komplette (durchsichtige) saisonale Eisschicht von der Oberfläche verdampft ist und die Fächer nicht mehr von der darunter liegenden Oberfläche zu unterscheiden sind.