3.4 Im Innenhof des Ministerio de Justicia
Das Justizministerium liegt an Almirante Juan José Latorre, nur wenige Autominuten von der Plaza Colon entfernt. Die Themen bei diesem Stopp waren die Naturstein-Fassade und das Tsunami-Risiko in der unmittelbaren Umgebung.
3.4.1 Natursteinfassade
Die Fassade des Justizministeriums ist aus beigem Naturstein, in dem neben Schwämmen und Brachiopoden viele Ammoniten enthalten sind. Der Naturstein besteht aus fein- bis mittelkörnigem Sandstein. Die Ammoniten sind durchschnittlich etwa 5-10 cm groß und gehören zu den Gabelrippern. So ist eine grobe Zeiteinteilung in den Mittel- bis Oberjura möglich. Laut Herrn Wilke von der Universidad Católica del Norte, der die Exkursion an diesem Tag begleitete, sind die Natursteine ein europäischer Import, möglicherweise sogar aus Süddeutschland. In Mitteleuropa gilt die Einteilung des Juras in schwarzer, brauner und weißer Jura entsprechend der Gesteinsfarbe der abgelagerten Lithologien. Die helle Farbe des Gesteins würde dann für den mittleren Jura (Dogger) sprechen. In Chile selber gibt es zwar gute Fossilien führende Gesteine, diese werden aber nicht abgebaut, weil ein Naturstein-Industriezweig hier nicht existiert.
Abb. 3.4.1: (1) Die Fassade des Ministerio de Justicia an der Teniente Manuel Orella. (2) Ammoniten aus dem mittleren Jura in der Fassade des Ministerio de Justicias. (3) Rollmarken. Fotos: B. Baurycza |
3.4.2 Tsunami-Gefahr
Eine große Gefahr in Chile sind die regelmäßigen Tsunamis, die das Land immer wieder treffen. Die Westküste Südamerikas liegt über einer aktiven Subduktionszone, d.h., die Nazca-Platte und die Südamerikanische Platte driften aufeinander zu. Dabei wird die Nazca-Platte unter die Südamerikanische geschoben. Es entstehen starke Spannungen, die sich in Erdbeben entladen. In regelmäßigen Abständen wird das Land von Erdbeben erschüttert, die zum Teil verheerende Tsunamis auslösen. Die Auswertung von Messdaten in Peru und Nordchile hat gezeigt, dass Tsunami auslösende Erdbeben mit einer Magnitude von über 8 mit einer gewissen Regelmäßigkeit in dieser Region stattfinden. Dabei kommt es etwa alle 50 Jahre zu Tsunamis mit einer Höhe von über 10 m und alle 100 Jahre zu einer Höhe von über 20 m (Rabinovich et. al, 2001).
Die Regierung von Chile hat sich auf diese wiederkehrenden Katastrophen eingestellt und versucht durch aktive Öffentlichkeitsarbeit die Chilenen für die Gefahr zu sensibilisieren. Es gibt eine Tsunami-Notfallplanung, die Antofagasta in 15 Bezirke unterteilt. Jeder Bezirk hat einen eigenen Evakuationsplan, der den Bereich in sichere und gefährdete Gebiete einteilt.
Auf den Karten, die z.B. in Schulen und Krankenhäusern verteilt werden, ist die Grenze der erwarteten Überschwemmung blau schraffiert, Schulen und soziale Gebäude sind mit einem blauen Punkt markiert. Sammelstellen, sogenannte PEEs sind mit einem dunkelblauen Punkt gekennzeichnet. Die safe area, die ein Tsunami vermutlich nicht erreicht, ist grün markiert. In diesen Bereichen der Stadt sind die Ampeln grün angestrichen.
Die Berechnung für die maximale Ausdehnung einer Überschwemmung ist jedoch fragwürdig. Sie beruht auf der Annahme eines Erdbebens 400 km westlich der Küstenlinie mit einer Stärke von ungefähr 7; Die Kruste dort ist jedoch kalt und nicht aktiv. Ein Erdbeben ist somit unwahrscheinlich. Tatsächlich entstehen die Tsunamirelevanten Erdbeben in einer Entfernung von lediglich 10 bis 50 km vor der Küste von Chile. Die Vorwarnzeit liegt damit bei nur 1 bis 30 min. Aufgrund der steilen Küste vor Antofagasta können Tsunamis jedoch keine Höhen von mehreren Zehnermetern erreichen, da sie sich in der Regel erst im flachen Küstengewässer auftürmen und so ihre zerstörerische Kraft entwickeln. Desweiteren verhindert die Halbinsel Mejillones im Norden von Antofagasta ein Auftürmen von möglichen Tsunamis. Weiter im Norden Chiles, in Arica beispielsweise, ist die Küste sehr viel flacher und ein Tsunami hätte deshalb verheerende Auswirkungen auf die Stadt.
In Antofagasta fand die letzte Übung am 29.07.2005 in statt. Sie scheiterte, da die Bewohner nicht die Ruhe bewahrten und die Gefahrenzone verließen, sondern ihre Familienangehörigen suchten und alles im Chaos versank. Obwohl Antofagasta als einzige Stadt über ein richtiges Tsunami-Frühwarnsystem verfügt, muss im Bereich der Bevölkerungsaufklärung noch viel Arbeit geleistet werden.
Abb. 3.4.2.1: Eines der vielen Warnschilder in der Stadt, die den Menschen im Fall eines Tsunamis den schnellsten Weg aus der Gefahrenzone aufzeigen. Foto: C. Heubeck