Freimachung und Wiederaufbau
Die Jahre 1945 bis 1949
2 Monate nach Kriegsende im Juli 1945 trat der Viermächte-Status in Kraft und Lankwitz mit den Kasernen fiel in den Kontrollbereich der Amerikaner. In den ersten Jahren nach Kriegsende wurden in den Gebäuden (Haus B) Kinder aus der Umgebung unterrichtet, deren Schulen teilweise oder ganz zerstört worden waren. [02]
Planung der Pädagogischen Hochschule Berlin
Die Berliner Universität, ab 1949 Humboldt-Universität, lag im sowjetischen Sektor der Viersektorenstadt Berlin und erhielt von der Militäradministration (SMAD) die Erlaubnis, ihren Lehrbetrieb ab 1946 wieder aufzunehmen. Sie unterstand der SED-dominierten Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung. Die Universität
wurde so zum Schauplatz der politischen Auseinandersetzungen um die zunehmende kommunistische Einflussnahme auf das Bildungswesen. Dies war umstritten und erregte starke Proteste innerhalb der Studentenschaft und von Teilen des Lehrkörpers. Eine der Reaktionen darauf war die Verhaftung mehrerer Studenten durch die sowjetische Geheimpolizei MWD im März 1947. Die Urteile des sowjetischen Militärtribunals lauteten jeweils fünfundzwanzig Jahre Zwangsarbeit. 18 weitere Studenten und Dozenten wurden zwischen 1945 und 1948 verhaftet oder verschleppt, viele blieben wochenlang verschwunden. Einige brachte man in die Sowjetunion und richtete sie dort hin. [11]
Nachdem im Sommer 1945 amerikanische Truppen ihren Sektor in Berlin besetzt hatten, nahmen amerikanische Erziehungsoffiziere Kontakt zu den sowjetischen Bildungsoffizieren auf, die ihnen in ersten Gesprächen eine Beteiligung an der Aufsicht über die Berliner Universität anboten. Merkwürdigerweise gewannen die sowjetischen Offiziere den Eindruck, ihre amerikanischen Gesprächspartner hätten daran kein Interesse. Wochen später, als das Interesse bei den Amerikanern offensichtlich erwacht war, lehnten die sowjetischen Offiziere eine Beteiligung an der Aufsicht ab. Die Begründung lautete: Diese Universität bilde Personen für die Provinz bzw. in diesem Land und damit der sowjetischen Besatzungszone zugehörig und nicht der Viersektorenstadt Berlin. Es hat den Anschein, als ob die amerikanische Seite sich mit diesem Argument abweisen ließ. Doch sollte ihr eine solche Unachtsamkeit nicht noch einmal unterlaufen. Ständig waren Erziehungsoffiziere aller vier Siegermächte bei den vierzehntägig stattfindenden Beratungen der Berliner Schulräte mit dem Stadtschulrat zugegen. Hier und an anderer Stelle wurde über die mögliche Form einer ausschließlich für Berlin zu organisierenden regulären Lehrerbildung gesprochen.
Im Laufe des Jahres 1946 gewann die neue Lehrerbildung Struktur. Dabei spielte die Lage der Ausbildungsstätten in mehrfacher Hinsicht eine Rolle (Eifersucht unter den Alliierten, Raumfragen angesichts der Trümmerlandschaft).
Schließlich standen berlinweit folgende Gebäude fest:
- Verwaltung, Vorklassen und Abteilung 1 (Ausbildung für Lehrer an allgemeinbildenden Schulen): Breite Str. 36 (Marstall-Gebäude), (sowjetischer Sektor)
- Abteilung 2 (Ausbildung für Berufsschul- und Gewerbelehrer): Schönfließer Str. 7 (sowjetischer Sektor) und der
- Seminarbetrieb für die Naturwissenschaften: Hauptstelle für naturwissenschaftlichen Unterricht: lnvalidenstr. 57 (britischer Sektor)
- an Schulen in allen vier Sektoren sollten die Studierenden Praktika ableisten.
Somit lagen die Ausbildungsstätten im sowjetischen und englischen Sektor, Amerikaner und Franzosen gingen zunächst leer aus. Doch schon im Winter 1946/ 47 wurde die Idee erörtert, für die Pädagogische Hochschule eine zentrale Übungsschule in Tegel zu eröffnen. Langfristig sollte auf diesem Gelände einer ehemaligen Munitionsfabrik die Abteilung 1 und zusätzlich ein Studentenheim untergebracht werden. Das Interesse französischer Kreise in Berlin daran war groß.
Mit dem weiteren Ausbau der Berliner Verwaltungen traten Raumprobleme auf und die Pädagogische Hochschule sollte das Marstall-Gebäude verlassen. Auch in der Schönfließer Straße reichten der Räumlichkeiten nicht mehr aus. Auf der Suche nach einer neuen Unterbringungsmöglichkeit der Pädagogischen Hochschule besichtigten Ende Juni 1948 der amerikanische Erziehungsoffizier von Steenberg und Vertreter der Pädagogischen Hochschule erstmals das Gelände in Lankwitz. Dabei wurden zwei größere Gebäude als für die Hochschule geeignet ausgewählt und über die etwas abgelegene Lage gesprochen. Herr van Steenberg versprach, eine Autobuslinie einzurichten, die es den Studenten ermöglichte, zur Hochschule zu kommen. Gleichzeitig wies der Direktor der Pädagogischen Hochschule Wilhelm Blume darauf hin, dass mit den sowjetischen Erziehungsoffizieren über die beabsichtigte Umsiedlung rechtzeitig Kontakt aufzunehmen sei, um Misstrauen im Ansatz zu zerstreuen. Am 10. Juli 1948 fand eine zweite Begehung des Geländes in Lankwitz statt.
Als Sofortmaßnahmen wurden danach beschlossen:
Der Bürgermeister Dr. Friedensburg nimmt Kontakt mit der sowjetischen Kommandantur auf, um die Erlaubnis zum Umzug zu erreichen. Dabei ist wichtig, die sowjetischen Offiziere davon zu überzeugen, dass der Umzug der Pädagogischen Hochschule nichts mit dem Plan der Gründung einer Freien Universität in Lankwitz oder andernorts zu tun habe. (Diese Befürchtung war von Oberstleutnant Sudakow, dem ranghöchsten sowjetischen Erziehungsoffizier in der Zentralkommandantur nach der ersten Begehung, von der er erfahren hatte, geäußert worden.) Die Pädagogische Hochschule bleibt als vollkommen selbständige Anstalt bestehen. Dabei ist dafür Sorge zu tragen, dass das Gesamtgelände direkt dem Magistrat und nicht dem Bezirksamt Steglitz unterstellt wird. Auch dadurch könnte der Verdacht der sowjetischen Besatzungsvertreter zerstreut werden, dass die Hochschule zu stark unter den Einfluss der amerikanischen Besatzungsmacht geraten würde. Der anwesende Bezirksamtsvertreter war mit der Lösung einverstanden.
Vornehmlich folgende Gründe sprachen für die Umsiedlung:
- endgültige Lösung der Raumfrage für die Abteilung
- räumliche Zusammenlegung beider Abteilungen, um so jeden unsachlichen
Ehrgeiz zu vermeiden - mehr Möglichkeiten für naturwissenschaftliches Experimentieren zu schaffen.
Langfristig war es geplant auf dem Gelände eine Einheitsschule als Experimentierschule für die Hochschule zu eröffnen.
Die Verhandlungen mit den sowjetischen Vertretern zogen sich in die Länge. Er folgte die Spaltung der Verwaltung der Stadt und auch der Hochschule. Die namentliche Abstimmung unter den Mitgliedern der Pädagogischen Hochschule erbrachte ein eindeutiges Votum für den freiheitlichen Teil der Stadt. Wiederum waren es die amerikanischen Offiziere, die der Hochschule halfen. Zunächst wurde die Hochschule in Lankwitz in der Barbara-Schule (heute Beethoven-Gymnasium) untergebracht, ehe sie zum Sommersemester 1949 auf das Gelände an der heutigen Malteserstraße wechselte.
Aufgrund einer amerikanischen Spende kann im Herbst 1950 mit dem Umbau einer Montagehalle (Haus F) zu einer Sporthalle mit Umkleideräumen und Bühnenhaus begonnen werden. Zur Einweihungsfeier kam der Chef der HICOG (Alliierte Hohe Kommission) - Erziehungsabteilung Dr. Christopher B. Carnett.
Am 31. Januar 1956 stattete James St. Conand der Hochschule einen Besuch ab. Das Interesse amerikanischer Erziehungsinstitutionen an der Arbeit auf dem Hochschulgelände Lankwitz ist nie abgebrochen. Nicht zuletzt spiegelt sich das auch in der Partnerschaft mit der Western Michigan University in Kalamazoo wieder. [02]
Gründung der Freien Universität Berlin
Aus dem Aufruf zur Gründung der Freien Universität vom 23.7.1948:
"Es geht um die Errichtung einer freien Universität, die der Wahrheit um ihrer selbst willen dient. Jeder Studierende soll wissen, dass er sich dort im Sinne echter Demokratie frei zur Persönlichkeit entfalten kann und nicht zum Objekt einseitiger Propaganda wird."
Die Versuche der sowjetischen Besatzungsmacht und der SED die ökonomische und politische Bindung West-Berlins an die Entwicklung in Westdeutschland zu verhindern, verschärfen sich im Juni 1948 durch die Abriegelung und Blockade der drei Westsektoren Berlins. Bis Mai 1949 kann der eingeschlossene Westteil Berlins nur durch die Luftbrücke der drei westalliierten Schutzmächte versorgt werden. In dieser Situation eine Universitätsgründung vorzubereiten, erfordert Mut. Diesen Mut bringen überwiegend Studenten auf, die nicht bereit sind, sich an der 1946 im sowjetischen Sektor neu eröffneten Berliner Universität Unter den Linden abermals einer politischen Indoktrination zu unterwerfen.
Am 4. Dezember 1948 erfolgt im Steglitzer Titania-Palast die feierliche Gründung der Freien Universität. An dem Festakt nehmen die drei westallierten Stadtkommandanten, Repräsentanten der Stadtverordnetenversammlung und des noch amtierenden Magistrats teil. Im Wintersemester 1948/49 wird der Lehrbetrieb unter denkbar einfachen Bedingungen in Dahlem aufgenommen.